Dividenden-ETFs – der neue Zins?

Dividenden-ETFs schütten regelmäßig Erträge aus. Das macht sie beliebt. Aber sind sie auch eine sinnvolle Anlagestrategie? Dividenden-ETFs haben gegenüber klassischen ETFs einigen Nachteilen, die Anleger berücksichtigen sollten.

„Dividenden sind die neuen Zinsen“ – das hört man immer wieder. Was ist da dran? Und was sind Dividenden überhaupt? Ist es sinnvoll in Dividenden-ETFs zu investieren?

Was sind Dividenden?

Unternehmen können Aktionäre durch die Zahlung von Dividenden am Gewinn beteiligen. Dividenden stellen also eine Form der Gewinnausschüttung von Aktiengesellschaften dar.

Ein Unternehmen ist nicht verpflichtet Dividenden zu zahlen. Es kann den Gewinn auch direkt wieder in das Unternehmen reinvestieren. Auf ihrer jährlichen Hauptversammlung beschließen Unternehmen ob und in welcher Höhe Dividenden ausgeschüttet werden. Bei der Festsetzung der Höhe spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, zum Beispiel der aktuelle Gewinn, die wirtschaftlichen Aussichten sowie die generelle Dividendenpolitik des Unternehmens.

Schnell wachsende Technologie-Unternehmen, wie zum Beispiel Amazon, Alphabet (Google) oder Apple zahlen meist gar keine Dividende. Sie reinvestieren ihre Einnahmen direkt wieder. Trotzdem hat ein Investment gerade in diese Firmen in den vergangenen Jahren spektakuläre Rendite eingefahren.

Dividendenstrategie mit ETFs

Die Dividendenstrategie ist eine Anlagestrategie, bei der in Wertpapiere von Unternehmen investiert wird, die eine hohe Dividendenrendite ausschütten. Dabei wird davon ausgegangen, dass vor allem etablierte Firmen mit starkem Cashflow nachhaltige Dividenden zahlen. Solche Unternehmen gelten bei vielen Anlegern als solide und damit als gutes langfristiges Investment.

ETFs mit hohen Dividendenzahlungen eignen sich als passive Einkommensquelle. Denn das Portfolio wirft Erträge ab, ohne dass Verkäufe getätigt werden müssen. Anhänger der Dividendenstrategie sehen in Dividenden gerne einen modernen Zins.

Unternehmen, die mindestens 25 Jahre hintereinander die Dividendenzahlung an Anleger erhöht haben, werden in den USA als Dividenden-Aristokraten bezeichnet.

Die Dividendenstrategie wurde in den 1930er Jahren von Benjamin Graham entwickelt. Graham empfahl aus einem Index (damals der Dow Jones) die 10 Werte mit der höchsten Dividendenrendite auszuwählen und nach einem Jahr die Werte zu überprüfen und eventuell auszutauschen. 1

Falls Sie eine Dividendenstrategie verfolgen möchten, ist es empfehlenswert diese mit ETFs abzubilden und nicht mit Einzelaktien. Es gibt spezielle ETFs, die nur Unternehmen beinhalten, die bereits über viele Jahre eine hohe Dividende ausgeschüttet haben. Durch ETFs erreichen Sie eine deutlich höhere Diversifikation als über Investments in Einzelaktien. Hier gilt, wie sonst auch, mit Stockpicking sind die meisten Privatanleger über längere Zeit nicht erfolgreich.

Auswahl

Die ETF-Suche von justetf.com zeigt insgesamt 13 ETFs für 11 Dividenden-Indizes (Stand: Februar 2020). Ihre Gesamtkostenquote (TER) liegt zwischen 0,29% und  0,50% p.a.

Die Umsetzung einer globalen Dividendenstrategie kann schon mit nur einem ETF erfolgen. Beispiele sind:

FTSE All-World High Dividend Yield Index
ISIN IE00B8GKDB10 | WKN A1T8FV
Der FTSE All-World High Dividend Yield Index beinhaltet die dividendenstärksten Titel der Industrie- und Schwellenländer weltweit.  Er enthält aktuell 1.607 Unternehmen. Die Indexgewichtung erfolgt nach Marktkapitalisierung der ausgewählten Unternehmen.

Dow Jones Global Select Dividend
ISIN IE00BMP3HG27 | WKN A11471
Der Dow Jones Global Select Dividend enthält 100 Unternehmen aus den Industrieländern. Die Indexgewichtung erfolgt nach Dividendenrendite.

Die Investition in einen einzigen ETF kann gerade bei kleineren Vermögen oder bei Sparplänen sinnvoll sein. Eine sehr gute Übersicht finden Sie bei justetf.com.

Auf der ETF-Plattform justetf.com wird auch ein Dividenden-ETF-Portfolio dargestellt, in dem Dividendenaristokraten der Weltregionen nach BIP gewichtet sind.

Quelle: justETF Research, Stand: 31.03.2019, Anmerkung: *unter Berücksichtigung der Portfolio-Gewichte 2

Die Investition in mehrere ETFs macht vor allem dann Sinn, wenn Sie über ein größeres Investitionsvolumen verfügen.

Dividendenrendite berechnen

Wie berechnet sich die Dividendenrendite? Die Gesamtrendite eines Investments in Aktien nennt man Aktienrendite. Diese setzt sich zusammen aus der Kursrendite und der Dividendenrendite.

Die Dividendenrendite berechnet sich wie folgt:

BEISPIEL: Wenn ein ETF eine Ausschüttung in Höhe von 0,50 Euro zahlt und 25 Euro kostet, dann beträgt die Ausschüttungsrendite: 0,50 EUR / 25 EUR = 2%

Zu beachten ist, dass es an dem Tag der Dividendenausschüttung zu einer Preiskorrektur des Aktienkurses um den Betrag der ausgeschütteten Dividende kommt. Die Dividendenrendite ist also ein Teil der Gesamtrendite und kein zusätzliches Plus.

Machen Sie sich klar: Es macht keinen Unterschied, ob eine Aktie um 7% steigt und keine Dividende ausschüttet oder ob sie um 5% steigt und eine Dividendenrendite von 2% ausschüttet.

Steuern

Während der Haltezeit von ETFs muss die Abgeltungsteuer auf Dividende direkt bei Ausschüttung entrichtet werden. Auf Kursgewinne wird jährlich zum 2. Januar die Vorabpauschale fällig. Alle Steuern werden direkt von der Depotbank abgeführt. Mehr dazu hier.

Steuertipp: Falls Sie in einen Dividenden-ETF auf US-Aktien investieren wollen, sollten Sie einen in Irland aufgelegte ETF bevorzugen und vom Doppelbesteuerungsabkommen zu profitieren. Mehr dazu hier, hier und hier.

Performance

Durchschnittlich schütteten die großen globalen Dividenden-ETFs in 2019 eine Dividendenrendite von 4,5% aus.  

Dividendenrendite von 5 großen globalen Dividenden-ETFs. Zahlen extraETF. Stand: 11.02.2020

In absoluten Zahlen werden gigantische Mengen an Geld über Dividenden ausgeschüttet. Allein die deutschen Aktiengesellschaften schütteten in 2019 mehr als 57 Mrd. Euro an Dividenden aus. 3

Die wichtige Frage ist allerdings, ob Dividenden-ETFs langfristig mehr Rendite erwirtschaften als klassische ETFs.

Eine Analyse von morningstar zeigt, dass Dividenden-ETFs zwischen 2012 und 2015 über alle Kategorien im Schnitt hinter den nach Marktkapitalisierung gewichteten klassischen Indizes geblieben sind. 4 Besonders schlecht schnitten Dividenden-ETFs mit Unternehmen aus Schwellenländern ab. 4

Eine 10-Jahres-Analyse (2004 bis 2014) zeigte dagegen, dass Dividenden-ETFs eine etwas bessere Rendite gegenüber klassischen ETFs einfuhren. 5

Je nach Betrachtungszeitraum kommen die Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen. Leider gibt es bislang keine Studien über lange Zeiträume, da der erste Dividenden-ETF erst 2003 aufgelegt wurde. 5 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Studienlage nach meinem Eindruck noch nicht eindeutig genug ist, um daraus eine Strategie abzuleiten.

Kritikpunkte an Dividenden-ETFs

An der Dividendenstrategie gibt es diverse Kritikpunkte.

Diversifikation
Dividenden-ETFs enthalten deutlich weniger Unternehmen als klassische ETFs. Dadurch ist die Diversifikation geringer. Falls sie in Dividenden-ETFs investieren wollen, sollten Sie global investieren. Zum Beispiel enthalten deutsche Dividenden-Indizes wie der DivDax nur 15 Aktien. Der Absturz eines einzelnen Unternehmens hat somit großen Einfluss auf den Index.

Geschäftsmodell
Dividendenstarke Unternehmen verfügen meist über konventionelle Geschäftsmodelle. Allerdings werden die großen Aktien-Indizes aktuell von den Wachstumsunternehmen der Technologiebranche getrieben. Der technologische Fortschritt im Bereich Digitalisierung und insbesondere im Feld künstliche Intelligenz wird konventionelle Geschäftsmodelle möglicherweise abhängen oder gar ersetzen.

Small Caps
In Dividenden-ETFs sind weniger Small-Cap-Unternehmen enthalten (Unternehmen mit einem Börsenwert < zwei Milliarden US-Dollar), da diese seltener Dividende ausschütten. Gerade diese Unternehmen haben aber in der Vergangenheit eine hohe Gesamtrendite erzielt. 6

Dividenden sind keine Zinsen
Dividenden sollten nicht als neue Zinsen verstanden werden. Ihre Auszahlung ist keinesfalls garantiert. Außerdem haben sie wie alle Aktien ein erhebliches Wertschwankungsrisiko (Volatilität). Dividenden-ETFs können daher nicht die gleiche stabilisierende Rolle im Portfolio spielen wie Anleihen.

Fragen

Was ist der Unterschied zwischen einem klassischen, ausschüttenden ETF und einem ausschüttenden Dividenden-ETF?

Der Unterschied besteht in der Auswahl der enthaltenen Unternehmen. In einem Dividenden-ETF sind nur die Unternehmen enthalten, die eine hohe Dividende ausschütten. Dadurch enthält ein solcher ETF weniger Unternehmen als die klassische Variante. Die Ausschüttungen sind bei einem Dividenden-ETF in der Regel höher als bei einem ausschüttenden, klassischen ETF.
Es gibt auch thesaurierende Dividenden-ETFs, die die Ausschüttungen direkt wieder anlegen.

Fazit

Dividenden-ETFs eignet sich für Investoren, die regelmäßig Einkommen beziehen wollen oder für Anleger, die es als beruhigend empfinden, einen gewissen Anteil der Gewinne sicher zu haben.  Allerdings haben langfristig orientierte Anleger dabei das Problem, dass Gewinne wieder angelegt werden müssen, damit der Zinseszins seine volle Wirksamkeit entfalten kann

Falls Sie in Dividenden-Aktien investieren wollen, sollten Sie als Privatanleger Dividenden-ETFs gegenüber Einzelaktien vorziehen. Bereits mit einem ETF können  Sie Ihre Vermögenswerte in viele Einzelinvestments diversifizieren. Außerdem hat ein ETF den Vorteil, dass die Index-Kriterien überprüft und gegebenenfalls Titel ausgetauscht werden. Diese Arbeit wird Ihnen so zu niedrigen Kosten abgenommen.

Die beste Wahl für Altersvorsorge und langfristigen Vermögensaufbau ist und bleibt allerdings ein weltweit diversifiziertes, kostengünstiges, passiv gemanagtes ETF-Portfolio. So profitieren Sie neben den „werthaltige“ (value) auch von den wachstumsorientierten Unternehmen (growth). Außerdem ist die Diversifikation in einem klassischen ETF deutlich höher.

Ich selbst investiere daher nicht in Dividenden-ETFs.

Text: Fionna Zöllner| 12.02.2020
Titelbild: Jens Vogel auf Unsplash

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Referenzen

  1. extraETF (o. D.). Anlagestrategien mit ETFs. Abgerufen am 11.02.2020 von https://de.extraetf.com/wissen/anlagestrategien-mit-etfs
  2. Altmann, J. (2019). Dividendenaristokraten: ertragreiches Dividenden-Portfolio einfach mit ETFs umsetzen. Abgerufen von https://www.justetf.com/de/news/musterportfolio/dividendenaristokraten-ertragreiches-dividenden-portfolio-einfach-mit-etfs-umsetzen.html
  3. Institute for Strategic Finance der FOM Hochschule (isf), DividendenAdel, Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) (2019). Dividendenstudie 2019. Abgerufen am 11.02.2020 von https://www.dividendenadel.de/wp-content/uploads/2019/04/Dividendenstudie-2019-BOOKLET.pdf
  4. Morningstar (2015). Dividenden-Hype verlangt Differenzierung. Abgerufen von https://www.morningstar.at/at/news/137012/dividenden-hype-verlangt-differenzierung.aspx
  5. Kanuri, S., Malhotra, D., & McLeod, R. (2017). Performance of Dividend Exchange-Traded Funds during Bull and Bear Markets. The Journal of Index Investing, 8(1), 19. doi: 10.3905/jii.2017.8.1.019
  6. Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen. Frankfurt: Campus Verlag

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