Sparplan oder Einmalinvestment – das richtige Timing für den ETF-Einstieg finden

Wie soll man den richtigen Einstiegszeitpunkt in den Aktienmarkt finden? Dabei ist das größte Risiko gar nicht investiert zu sein. Schrittweises investieren über einen ETF-Sparplan kann den Einstieg erleichtern.

Ich habe über die letzten Jahre etwas zur Seite gelegt. Davon will ich nun 60% in Aktien-ETFs investieren. Nun stellt sich mir die Frage, soll ich alles auf einmal anlegen? Oder über einen Zeitraum verteilen? Wie lang sollte dieser Zeitraum bestenfalls sein? Oder sind die Kurse im Moment überbewertet? Sollte ich vielleicht besser auf den nächsten Crash warten, um dann zu günstigen Preisen einzusteigen? Ist ein Abschwung nach 10 Jahren gut laufender Märkte wahrscheinlich oder kann es noch 5 Jahre so weiter gehen? …

Kurz: Mich beschäftigt die Frage des richtigen Einstiegs?

Dabei steht für mich fest, dass ich, sobald ich investiert habe, einen strengen Buy and Hold-Ansatz verfolgen werde. Es geht also nicht um die Frage des Market-Timings im Sinne von rein und raus, sondern nur um die Frage des möglichst günstigen Einstiegs in den Markt.

In Gerd Kommers ETF-Führer steht dazu: „Da Aktienmärkte langfristig steigen und kurz- sowie mittelfristige Prognosen genauso häufig falsch wie richtig sind, ist der Einstieg grundsätzlich umso erfolgversprechender, je früher und je umfangreicher er geschieht“. 1

Das DAX-Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts 2 veranschaulicht sehr schön, wie sich Aktien-Investments über die letzten 50 Jahre entwickelt haben. So konnte man beispielsweise bei einem Anlagezeitraum von 20 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 8,9 Prozent im Jahr auf das angelegte Geld erwirtschaften. Im schlechtesten Fall lag die jährliche Rendite bei 3,8 Prozent, im besten bei 15,2 Prozent.

Quelle: Deutsches Aktieninstitut

Die Kollegen von DividenAdel haben sich die Mühe gemacht, das Renditedreieck für den MSCI World zu erstellen. Hier als PDF herunterzuladen.

Für Leute, die noch nichts gespart haben, ist die Frage des Einstiegs einfacher. Sie müssen ihre monatliche Sparrate definieren und dann mit einem Sparplan in ein ETF-Portfolio investieren. Dabei werden die Einstiegszeitpunkte in den Aktienmarkt automatisch diversifiziert (Cost-Average-Effekt, dt. Durchschnittskosten-Effekt) und damit das Risiko verringert, zu einem schlechten Zeitpunkt –  beispielsweise direkt vor einem Crash – mit seinem gesamten Kapital zu investieren.

Wenn man aber bereits Geld gespart hat, wie geht man dann vor?

POSTITION 1 – Investieren mit einem Einmalinvestment

Da Aktienmärkte langfristige steigen, ist ein frühzeitiges Investieren meistens rentabler als ein verzögertes. Historische Rendite zeigen, dass während der vergangenen 50 Jahre Einmalinvestments fast immer rentabler waren als Sparpläne. 3 Dabei gilt die Regel, je länger man am Markt investiert ist, umso besser.

POSTION 2 – Schrittweise einsteigen

Derjenige aber, der das Pech hat zu Höchstkursen einzusteigen, muss unter Umständen lange warten, bis sich sein Investment lohnt. Der New-Economy-Hype zur Jahrtausendwende ist ein gutes Beispiel dafür. Wer damals mit seinem Vermögen in den Markt einstieg, dessen Portfolio war auch 10 Jahre später weniger Wert als beim Einstieg, die Inflation ist da noch nicht einmal mit eingerechnet. Hier hätte ein schrittweises Investieren den Verlust vermindert. 3

Die oben beschriebenen Rendite-Dreiecke visualisieren hervorragend, dass in den letzten 50 Jahren (1972 bis 2018) sowohl ein Einmalinvestment als auch ein Sparplan ab einem Zeitraum von 15 Jahren fast immer eine positive Rendite eingebracht hat. Die Dreiecke zeigen aber auch, dass der Zeitpunkt des Einstiegs einen erheblichen Einfluss auf die Rendite hat. 

Beispiel

Wie könnte man diese beiden Aspekte beim Einstieg berücksichtigen?
Ein Anleger könnte beispielsweise so vorgehen: Er möchte 60.000 Euro in ein ETF-Portfolio investieren und investiert diese in 4 Schritten über ein Jahr verteilt jeweils zum Quartalsende 15.000 Euro. Dabei behält er sich vor, von diesem Plan abzuweichen, sollten die Märkte nachgeben und er die Möglichkeit haben unter seinem Einstiegsniveau zu kaufen.

Persönliche Regel für den Einstieg formulieren

Formulieren Sie Ihre persönliche Einstiegsregel. Verändern Sie diese nur, wenn Sie dafür gute Gründe haben.

Einstiegsregel

Fionna Zöllner von MONETUN Ich investiere mit einem kostenlosen Sparplan pro Monat 2% meines Ersparten in ein breit diversifiziertes ETF-Portfolio. Sobald ein ETF aus meinem Portfolio um mehr als 15% gegenüber meinem All-time-High verliert, investiere ich 25% meines für diesen ETF vorgesehenen Investitionsvolumens mit einem Einmalinvestment. Sollten die Kurse in diesem Jahr nicht signifikant nachgeben, erhöhe ich meine monatliche Sparrate auf 5%. Ziel ist es 60% meines Ersparten in Aktien-ETFs zu investieren.

Aaron aka Homo Oeconomicus formuliert seine Regel so: „Wenn die Kurse um 15% gegenüber meinen All-time-High zurückgehen, erhöhe ich meine Sparrate um 50%, wenn sie um 25% sinken, verdoppelt ich meine Sparpläne.“ 4

Schreiben Sie bitte Ihre Einstiegsregeln in den Kommentar. Es wäre schön hier eine kleine Sammlung zusammenzutragen.

Sollte man antizyklisch investieren?

Es ist bereits mehrmals in diesem Beitrag angeklungen. Sollte man antizyklisch investieren? Das heißt Aktien (nach)kaufen, wenn die Kurse fallen. Sir John Templeton, Gründer von Templeton Mutual Funds, ist ein berühmter Anhänger des antizyklischen Investierens. Seiner Meinung nach ist der beste Zeitpunkt für einen Aktienkauf der „maximale Pessimismus“. 5

Wie häufig kommen Kurseinbrüche vor?
In den letzten 115 Jahren (1900 bis 2015) hat sich im Schnitt jedes Jahr eine Marktkorrektur ereignet, in der die Märkte durchschnittlich um 14% nachgegeben haben. 6 Fast jedes dritte Jahr ereignete sich ein Bärenmarkt, in dem der S&P 500 durchschnittlich 33% und in mehr als einem Drittel sogar 40% seines Wertes verloren hat. 7 Zusammengefasst kann man sagen, dass es pro Jahr eine Korrektur um knapp 15% und alle drei Jahre um mehr als 30% gibt. Zu beachten sind dabei drei Dinge, nämlich dass es sich um (1) Durchschnitte, um (2) den amerikanischen Aktienmarkt und um (3) die Vergangenheit handelt! Ob sich Markteinbrüche auch in Zukunft so verhalten, weiß kein Mensch.

Wie die Zahlen zeigen, sind Marktkorrekturen häufig. Anleger mit einer hohen Risikotragfähigkeit  könnten einen Teil ihres Geldes in Anleihen oder Tagesgeld (<100.000 Euro pro Banklizenz) vorhalten, um zu investieren, wenn der Aktienmarkt einbricht und sie zu attraktiven Kursen nachkaufen können. 8 Dies bezieht sich auf Mittel, die neu in den Aktienmarkt investiert werden. Betreiben Sie aber kein Market-Timing in dem Sinne, dass Sie in Abhängigkeit von Marktveränderungen Aktien kaufen und verkaufen. Dies hat sich in vielen Studien als nicht rentable gezeigt. 9

Schätzen Sie Ihre mentale Risikotragfähigkeit richtig ein. Nur wer über eine  hohe Risikotragfähigkeit verfügt, sollt so vorgehen. Ist Ihre nervliche Risikotragfähigkeit unklar oder niedrig, investieren sie lieber mit einem Sparplan. Grade am Anfang verschätzen sich Investoren. Die psychologische Bereitschaft Risiko zu tragen, nimmt  üblicherweise mit der Zeit  durch wachsendes Investmentwissen und zunehmende Erfahrung mit Aktien zu.

Die besten Handelstage nicht verpassen

Eine Studie von JPMorgan hat ergeben, dass sechs der zehn besten Handelstage in den letzten 20 Jahren unmittelbar innerhalb der zwei Wochen im Anschluss an die zehn schlechtesten Handelstage stattfanden. Von 1996 bis 2015 erzielte der S&P 500 eine durchschnittliche Jahresrendite von 8,2%. Wer in den Top-10-Handelstagen in diesen 20 Jahren nicht investiert war, dessen Rendite wäre auf 4,5% gesunken. 10 Erstaunlich. Wer also zum falschen Zeitpunkt verkauft und dann in den richtigen Tagen nicht dabei ist, verliert große Summe. Die größte Gefahr ist dabei nicht ein möglicher Börsencrash, sondern nicht investiert zu sein.

Fazit

Wer nicht investiert ist, wie die meisten Deutschen, dem entgehen signifikante Chancen auf Vermögenszuwachs und effektive Altersvorsorge. Für Privatanleger, die in den Aktienmarkt einsteigen und noch keine Ersparnisse haben,  bietet ein Fondssparplan eine gute Möglichkeit schrittweise einzusteigen. Wer bereits über Erspartes verfügt, sollte eine Einstiegsregel formulieren und dann zügig investieren.

Bedenken sollte jeder Investor, dass die richtige Assetallokation für den langfristigen Erfolg wichtiger ist, als der perfekte Einstieg. Studien zufolge werden 90 Prozent des Anlageerfolgs durch die Anlagestruktur bestimmt. 11

Referenzen

  1. Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen. Frankfurt: Campus Verlag, S. 137
  2. Deutsches Aktieninstitut (2019). 50 Jahre Aktien-Renditen. Retrieved from https://www.dai.de/de/das-bieten-wir/studien-und-statistiken/renditedreieck.html
  3. Kommer, G. (2017). Die Legende vom Cost Averaging Effect.  Retrieved from https://www.gerd-kommer-invest.de/legende-vom-cost-averaging-effect/
  4. Homo Oeconomicus (2018). MINUS 7% – Ende des Bullenmarktes? – Meine Strategie für Nachkäufe, https://www.youtube.com/watch?v=okUAL4xuVI4
  5. Robbins, T. (2015). Money: Die 7 einfachen Schritte zur finanziellen Freiheit: FinanzBuch Verlag, S.553ff
  6. Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit. München: FinanzBuch Verlag, S. 60
  7. Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit. München: FinanzBuch Verlag, S. 68
  8. Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit. München: FinanzBuch Verlag, S. 161
  9. Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen. Frankfurt: Campus Verlag, S. 122
  10. Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit. München: FinanzBuch Verlag, Seite 75
  11. Ibbotson, R., & D. Kaplan, P. (2001). Does Asset Allocation Policy Explain 40, 90, 100 Percent of Performance? Yale School of Management, Yale School of Management Working Papers, 56. doi: 10.2469/faj.v56.n1.2327

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